Samstag, 15. August 2015

Amnesty International setzt sich für Sexarbeiter/innen ein



Aus einer menschenrechtlichen Perspektive ist eigentlich völlig selbstverständlich, dass Sexarbeit entkriminalisiert gehört. Angesichts der derzeitigen Debatte um Prostitution ist es dennoch bemerkenswert, dass Amnesty International sich ausdrücklich dafür ausspricht. In Sachen Prositution schaltet bei vielen Menschen die Vernunft aus. Anstatt Fakten gewinnen negative Emotionen wie Ekel vor Körperlichkeit und Wut auf Missstände die Oberhand. Man möchte einfach nur noch bestrafen. Bei vielen Menschen kommt man hier mit rationalen Argumenten nicht mehr weiter. Die Medien tragen ihren Teil dazu bei, man kann sogar von einer Schmierkampagne sprechen. Mit völlig absurden Überschriften im Stil von "Amnesty auf der Seite von Menschenhändlern" wird Wut geschürt. Dabei haben die meisten dieser Schmierjournalisten und Wutmenschen die Pressemitteilungen von Amnesty International nicht mal gelesen.

Ich zitiere hierzu Sexarbeiterin Molly Smith von theguardian.com:
"Amnesty found that sex workers in Norway were routinely evicted by the police. The organisation’s report states that “a number of migrant sex workers were violently attacked and raped … They reported the incident to the police … they returned to their apartment to find the police have removed all their money and electronic equipment. Four days after the attack they were forcibly evicted.”
It’s hard to believe that those Hollywood signatories read this and thought: “Brilliant, the police evicting migrant women when they report rape sounds like the feminist solution to prostitution; we should support the legal model where this occurs.” But that is what appears to have happened – unless they signed up to attack Amnesty over a document they had not read"

Sonntag, 26. Juli 2015

Aufklärung von Menschenhandel statt Repression gegen Sexarbeit

Die Prostitutionsgesetzgebung in der Schweiz ist sicherlich alles andere als Ideal:
- z.B. führt der "Kantönligeist" zu einer Zersplitterung der Vorschriften in den unterschiedlichen Kantonen, die es für Sexarbeiterinnen sehr schwer macht zu wissen, was an ihrem Arbeitsort nun gilt (dies ist auch in Deutschland so). Da Sexarbeit naturgemäss ein hochgradig mobiles Gewerbe ist, v.a. für Wanderhuren und Escorts, wo man vielleicht nur kurze Zeit in einem Kanton arbeitet, wirkt sich dies umso erschwerender aus.
- In Genf müssen sich Bordellsexarbeiterinnen und Escorts sich soweit ich weiss unter ihrem bürgerlichen Namen registrieren lassen, was völlig unhaltbar ist da es einem möglicherweise verheerenden Zwangsouting gleich kommt.
- Sexarbeiterinnen können zumindest im Kanton Zürich und Bern ihr Honorar einfordern- wie dies in anderen Kantonen ist, ist allerdings nicht geklärt.

Dennoch ist die Lage in vielen Kantonen besser als in einem Grossteil der restlichen Welt, und es ist vereinzelt eine Tendenz zu Pragmatismus absehbar, der die effektive Bekämpfung von Menschenhandel vor die Erschwerung von einvernehmlicher Sexarbeit stellt. So hat der Kanton Zürich erkannt, dass Repression gegen Sexarbeiterinnen ein Vertrauensverhältnis mit der Polizei verunmöglicht und dadurch die Aufklärung von Menschenhandel erschwert. Aus der NZZ:

"Die Pionierrolle in Sachen Kampf gegen den Menschenhandel darf hierzulande die Stadtpolizei Zürich für sich in Anspruch nehmen. Sie hat als erstes Korps einen spezialisierten Ermittlungsdienst geschaffen und dort aufgrund der Erfahrungen in Hamburg auch ein kleines Fahndungsteam integriert. Diese sogenannten «Milieu-Aufklärer» haben den Auftrag, im Milieu präsent zu sein und ihr Augenmerk auf mögliche Opfer zu richten. Hamburg wie auch Zürich werden international für ihr Vorgehen gelobt und gerne als Vorbild bezeichnet. Die «Milieu-Aufklärer» schaffen eine Vertrauensbasis und knüpfen Kontakte, was ihnen deshalb besser gelingt als anderen Polizeikollegen, weil sie nicht gleichzeitig noch repressiv vorgehen. Die Menschenhandel-Fahnder fragen also nicht danach, ob Prostituierte (oder andere Arbeitnehmer) über sämtliche notwendigen Bewilligungen verfügen und sich im zugewiesenen Quartier aufhalten, sondern sie konzentrieren sich auf eine mögliche Ausbeutungssituation. Sie sammeln vor Ort möglichst viele Informationen, meist in enger Zusammenarbeit mit Sozialarbeiterinnen und nichtstaatlichen Fachorganisationen."

Ob dieses Vorgehen sich bewährt, wird wohl unter Anderem davon abhängen, wie der Informationsfluss unter den verschiedenen Einheiten ist. Wenn die Menschenhandels-Fahnder den repressiven Einheiten Informationen über administrative Gesetzesverstösse wie fehlende Bewilligungen weiterleiten, wars das wohl mit dem Vertrauensverhältnis. Und wenn die repressiven Einheiten gleichzeitig ihre Präsenz verstärken und Bussen aussprechen, wird sich das wohl nicht gerade förderlich auswirken.

Mittwoch, 24. September 2014

Im Bordell schlafen

Dass Alice Schwarzer und das Emma-Magazin über Prostitution in der Regel Schwachsinn verbreiten, ist bereits bekannt. Ein weiteres Beispiel hierfür ist, dass die Übernachtung von Sexarbeiterinnen im Bordell in irgendeiner Hinsicht Ausbeutung beweisen soll. So wird beispielsweise behauptet, "Prostituierte müssten im Bordell übernachten, weil die Zimmermieten so hoch sind", was wieder zeigen soll, wie bööööse Prostitution doch ist.

Ja, die Zimmermieten sind oft hoch...aber denkt irgendeine Prostitutionsgegnerin weiter, wieso das denn so ist? Nein, Prostitution ist halt nunmal Ausbeutung, punkt. Dass es irgendetwas mit Stigmatisierung von Sexarbeit, Sperrbezirken und Kampf gegen Bordelle zu tun hat, fällt niemandem ein. Schonmal was von Angebotsverknappung gehört? Angebot und Nachfrage, klingelts? Wenn es weniger Bordelle und Vermieter gibt, können diese natürlich höhere Mieten verlangen als wenn viele Arbeitsstätten zur Verfügung stehen. Und wenn Sexarbeit als "dreckig" gilt, wollen allgemein weniger Vermieter an Sexarbeiter/innen vermieten. Die hohen Zimmermieten sind also genau die Schuld derer, die Sexarbeit zurückdrängen wollen.

Auch sonst zeigt die obige Aussage totate Ahnungslosigkeit über die Arbeitsrealität von Sexarbeiterinnen. Wir übernachten nicht in unseren Arbeitsbetten weil wir müssen, sondern weil wir wollen. Viele Sexarbeiterinnen sind Arbeitsmigrantinnen aus dem Ausland, und auch die Einheimischen wollen wegen Angst vor einem Outing nicht in der gleichen Stadt arbeiten in welcher wir auch fest wohnen. Wieso sollten wir extra ein Hotelzimmer mieten, wenn doch bereits ein Bett bereit steht?! Viele Arbeitsstätten werben sogar damit Sexarbeiterinnen an, dass man bei ihnen übernachten kann!

Ein weiterer Grund weshalb wir übernachten wollen ist, dass viele Sexarbeiterinnen einige Tage oder Wochen voll durcharbeiten, um anschliessend einige Tage und Wochen Freizeit zu geniessen. Es ist schlicht die effizienteste Art, um die eigene Investition in die Zimmermiete auszuschöpfen. Dies lohnt sich auch, wenn die Zimmer gleich teuer/günstig wie ein normales Hotelzimmer sind. Ich selbst habe auch schon mehrere Tage nacheinander ein Zimmer gemietet, und in dieser Zeit war ich praktisch 24/7 für Kunden erreichbar, weil ich möglichst viel verdienen wollte! Dabei habe ich im gleichen Bett geschlafen, in welchem ich vorher gearbeitet hatte. Und ich würde es wieder so machen.  Klar kann es sein, dass die Bedingungen alles andere als Ideal sind, z.b. dass mehrere Frauen in einer Art Massenlager schlafen und man sich so kaum erholen kann. Doch auch das bedeutet noch lange nicht, dass die Frauen hierzu gezwungen werden. Die Arbeitsstätte stellt Schlafmöglichkeiten zur Verfügung. Wenn einem diese nicht passt, kann man immer noch in ein Hotel gehen. Nur wollen die meisten diese zusätzlichen Kosten nicht auf sich nehmen, und so schätzen wir es in der Regel sehr, dass es diese Übernachtungsoption überhaupt gibt.

Sonntag, 24. August 2014

GEGEN ZWANGSREGISTRIERUNG!!!

Ich leite diesen Aufruf von Dona Carmen und des Berufsverbandes für Sexarbeit weiter (für mehr Infos unterstehendem Link folgen:

Zwangsregistrierung sämtlicher Sexarbeiterinnen NICHT MIT UNS !
 
Die geplante Zwangsregistrierung und Meldepflicht, die von den Parteien beschlossen wurde, soll uns angeblich schützen(?), dabei schützt sie ausschließlich die Interessen der Behörden und der Polizei! Menschen, die in einem Beruf arbeiten, der auch heute noch erfordert ein „Doppelleben“ zu führen, um nicht aus der Gesellschaft ausgegrenzt zu werden und auch ihre Familien vor Folgen moralischer Verurteilung zu schützen, werden der Gefahr ausgesetzt zwangsgeoutet zu werden.
Das ist kein Schutz, sondern gefährdet uns in höchstem Maße! Deshalb kämpfen wir gemeinsam mit Dona Carmen gegen Zwangsregistrierung. Wir bitten euch, uns und Dona Carmen zu unterstützen. Bitte verbreitet diesen Aufruf und teilt ihn in den sozialen Netzwerken, denn jede Unterstützung ist wichtig.

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

Doña Carmen e.V., Organisation für soziale und politische Rechte von Prostituierten, bittet Sie mit diesem Schreiben dringlichst um Solidarität mit den Bestrebungen der Sexarbeiter/innen für mehr Rechte und ihre Gleichbehandlung mit anderen Berufsgruppen.

Ein neues Gesetz zur Reglementierung von Prostitution ist in Planung. Dessen einzelne Regelungen stehen – wie sich immer deutlicher abzeichnet – den Interessen der Sexarbeiter/innen diametral entgegen. Eine riesige Repressionswelle wird auf Menschen in der Prostitution zukommen, wenn auch nur ein Bruchteil der haaarsträubenden Ankündigungen der Bundesregierung in die Tat umgesetzt wird.

Die „Teileinigung“ von SPD / CDU vom 14. August 2014

Doña Carmen e.V. nimmt die am 14. August 2014 in Berlin erzielte „Teileinigung“ zwischen den Regierungparteien SPD und CDU zur geplanten Neuregelung der Prostitution zum Anlass für eine Kampagne gegen Zwangsregistrierung von Sexarbeiter/innen in der Prostitution.

Laut Medienberichten haben sich die Regierungsparteien bislang geeinigt auf:
die Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten und Zuverlässigkeitsprüfung für deren Betreiber/innen
die Meldepflicht für Sexarbeiter/innen
das Verbot von Flat-Rate-Sex und „Gang-Bang-Partys“.
Noch strittig sind die weiterhin in der Diskussion befindlichen Punkte:
Entmündigung durch „Prostitution erst ab 21 Jahren“
Bestrafung der Kunden von so genannten Zwangsprostituierten
Stigmatisierung durch verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen
Kondomzwang bei Prostitution.

Jedes Detail der von der Bundesregierung geplanten Regelungen steht für eine verschärfte Repression gegenüber Sexarbeiter/innen.

Kernpunkt ist die Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten – ein Mittel, mit dem künftig Schließungen von Prostitutionsetablissements an der Tagesordnung sein werden. Teil der Erlaubnispflicht wird sein, dass Betreiber/innen von Prostitutionsstätten gezwungen werden, die bei ihnen tätigen Sexarbeiter/innen zu registrieren bzw. deren Registrierung zu kontrollieren.
Was bedeutet die geplante Meldepflicht?

Die Folgen der von Ministerin Schwesig (SPD) geplanten Zwangsregistrierung für die einzelnen Sexarbeiter/innen ist fatal: Sie lässt ihnen die Wahl zwischen Zwangsouting oder Rückzug in eine Grauzone der Illegalität – eine Wahl zwischen Cholera und Pest.
Die geplante umfassende Meldepflicht für Sexarbeiter/innen – das heißt die An- bzw. Abmeldung in jeder Kommune, in der sie arbeiten – verdeutlicht, dass es nicht, wie behauptet, um den Schutz von Sexarbeiter/innen geht, sondern um die Ausweitung der ihnen gegenüber schon heute ausgeübten Kontrolle und Überwachung.

Diese Politik ist ein Rückfall in längst vergangen geglaubte Zeiten. Sie zielt auf eine Abschreckung von Sexarbeiter/innen und auf eine moralisch motivierte Eindämmung von Prostitution. Sie ist ein eklatanter Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht von Sexarbeiter/innen, steht in krassem Widerspruch zu ihrem grundgesetzlich geschützten Recht auf freie Berufsausübung sowie zu europäischem Recht: Art. 8 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 verbietet die Verarbeitung personenbezogener Daten über das Sexualleben.
Es ist an der Zeit, gemeinsam zu handeln!

Kaum vorstellbar, dass sich Sexarbeiter/innen das bieten lassen. Schließlich leben wir nicht mehr im 19. Jahrhundert! Und unter aufgeklärten Menschen sehnt niemand die Verhältnisse in Nazi-Deutschland herbei, in der zuletzt eine umfassende staatliche Registrierung von Prostituierten erfolgte.
Gleichwohl: Es bedarf vieler einzelner Schritte, um die massiven Angriffe auf die Rechte der Sexarbeiter/innen abzuwehren. Die demokratische Öffentlichkeit hierzulande täte sich keinen Gefallen, würde sie die Sexarbeiter/innen jetzt im Regen stehen lassen.
Denn: Prostituiertenrechte sind Frauenrechte! Wer es zulässt, dass heute Rechte von Sexarbeiter/innen mit Füßen getreten werden, muss sich nicht wundern, wenn morgen emanzipatorische Errungenschaften der Frauenbewegung nichts mehr gelten.
Wie können Sie die Sexarbeiter/innen unterstützen?

ÖFFENTLICHKEIT SCHAFFEN: Unterstützen Sie / Unterstütze den Aufruf „Zwangsregistrierung von Sexarbeiter/innen – Nicht mit uns!“ Verbreirten Sie den Aufruf, leiten Sie ihn weiter!

UNTERSCHREIBEN: Sammeln Sie viele Unterschriften, damit wir den Aufruf im Herbst, vor der endgültigen Vorlage eines Gesetzentwurfs, samt Unterschriften in mindestens einer großen deutschen Tageszeitung veröffentlichen können. Bitte die Angaben (Künstler-)Name / Ort per Mail zurücksenden an: donacarmen@t-online.de!

SPENDEN: Bitte spenden Sie größere oder kleine Beträge für die Veröffentlichung der Anzeige! Bankverbindung unten!

GEMEINSAM HANDELN: Beraten Sie gemeinsam mit uns auf den „3. Frankfurter Prostitutionstagen“ Schritte zur Stärkung der Rechte von Sexarbeiterinnen!
Ob pro oder contra Prostitution – es darf keine weitere Entrechtung von Menschen in der Prostitution geben! Solidarisieren Sie sich / solidarisiert euch mit den Sexarbeiter/innen!

Mit freundlichen Grüßen
Juanita Henning

PS.
INFOS
Kontakt:
Doña Carmen e.V., Elbestr. 41, 60329 Frankfurt
Tel. 069 76752880 – Fax: 069 7675 0882 – email: donacarmen@t-online.de
Spendenkonto:
Doña Carmen e.V.
Frankfurter Sparkasse 1822
IBAN: DE68 5005 0201 0000 466 166
BIC: HELADEF 1822
Stichwort „Zwangsregistrierung – Nein!“
Hintergrund-Infos:
zu den Hintergründen der geplanten Meldepflicht für Sexarbeiter/innen gibt der Artikel: „Kontrollmädchen 2.0 – Oder: Wie Sexarbeiterinnen durch die Meldepflicht im Rahmen der neuen Prostitutions-Gesetzgebung zum Objekt umfassender Überwachung werden“
unter dem Link:
http://www.donacarmen.de/wp-content/uploads/2014/07/Kontrollm%C3%A4dchen2.0.pdf

Mittwoch, 9. Juli 2014

Vergewaltigung durch Polizisten in Schweden

In  Ländern, in denen Sexarbeit kriminalisiert ist, stellt die Polizei oftmals die grösste Gefahr für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter dar. Und zwar nicht nur, weil sie verhaftet werden könnten, sondern weil Polizisten ihre Macht regelmässig ausnutzen, um Sexarbeiterinnen zu vergewaltigen oder auf sonstige Weise zu misshandeln. Dies gilt auch in Ländern, in denen "nur" der Kauf von sexuellen Dienstleistungen kriminalisiert ist, oder zahlreiche Einschränkungen für Sexarbeiterinnen gelten.

Aus dem Artikel "When Protectors turn Perpetrators":

(...) Nigerian former trafficking victim Victoria told her story in this series’ first installment.
When asked if, when she see ordinary men, she thinks to herself that this person could be using women like herself, she is unhesitating in her response.

Yes. Even in Sweden, when I was on the street … The policemen go there, and they sleep with the girls. Sometimes they don’t want to pay, and if you ask them for money, they will show their badge, saying that prostitution is a crime in Sweden and that they can arrest you.
(Authors’ note: selling sex is actually not illegal in Sweden; it’s the sex buyers who are committing a crime.)
It’s a sad and historic truth that the words of ”women of ill-repute” weigh lightly against the words of men with power. Therefore, it is strong evidence in favour of Victoria’s allegations of police corruption that one of the most senior figures in the anti-trafficking sphere now confirms:

"The girls [in Sweden] say it independently of each other. We can also tell that they are telling the truth by their fearful reactions when we say that we should press charges against the policemen. But we have stopped trying to press charges. The girls are all too afraid.  (...)

Link zu einem Artikel auf Menschenhandel heute, der umfassend und fundiert darlegt, weshalb das Prostitutionsregime in Schweden und das ganze Gedankengut dahinter nichts anderes als Gewalt gegen Sexarbeiterinnen darstellt.

Unter Anderem diese Passage:

Durch den Verweis auf angebliche Erfahrungen sexueller Gewalt wird im Prinzip jeder Sexarbeiter*in eine Erfahrung ins Gesicht geschlagen, zu der sie nun Stellung nehmen muss – egal ob die Erfahrung nun zutrifft oder nicht, egal ob sie darüber reden will…oder nicht. Die Tatsache, dass es Feminist*innen sind, die Frauen öffentlich diese Erfahrung aufdrücken, ist hier der eigentliche Akt der Gewalt. Sie ist auch eine Pathologisierung, die dazu genutzt wird, um Prostituierte zu entmündigen. Denn wer einmal vergewaltigt wurde, so die Annahme dahinter, darf nie wieder über das eigene Sexualleben entscheiden und schon gar nicht, wenn es “Prostitution” heißt. Die Instrumentalisierung psychischer Traumata in der Diskussion um Verbote stellt aus meiner Sicht schlicht und einfach eine sekundäre Viktimisierung dar, in der nun schon wieder mal jemand anders entscheidet, was frau tun darf und was nicht, was man mit ihr tun darf und was nicht.

Sonntag, 30. März 2014

Echter Schutz vor Ausbeutung

Wie ich bereits bei "Die Zuhälterlobby" geschrieben hatte, sind echte Bemühungen gegen Ausbeutung in der Sexarbeit praktisch inexistent. Nur wenige Politiker/innen wollen Sexarbeiterinnen und seriösen Sozialarbeitern zuhören, wo die wirklichen Probleme  liegen und wie man sie lösen könnte. Neuseeland geht dagegen mit gutem Beispiel voran:  Eine Sexarbeiterin verklagte einen Bordellbesitzer wegen sexueller Belästigung und bekam Recht.

In Ländern, in denen Sexarbeit an sich schon als Ausbeutung und Gewalt gegen Frauen gilt, wäre so etwas kaum möglich. Vielmehr hätten Polizisten das Bordell gestürmt, es geschlossen, die Frau und ihre Kolleginnen ohne Entschädigung auf die Strasse gestellt, falls eine Sexarbeiterin es gewagt hätte, gerichtlich gegen einen unseriösen Bordellbetreiber vorzugehen. Eine angemessene Entschädigung hätte es bestimmt nicht gegeben. In Schweden gelten Sexarbeiterinnen als Opfer, Kunden als Täter- trotzdem ist es der Staat, der die Bussen gegen Sexkäufer einkassiert, und nicht das angebliche Opfer. Diesem wird als "Hilfe" die Existenzgrundlage entzogen. Die andere Variante ist, dass man die Sexarbeiterin schlicht nicht ernst nimmt. Sie arbeitet immerhin in der Sexbranche, da sind sexuelle Übergriffe doch Berufsalltag. Ob da etwas gegen ihren Willen geschieht, ist doch egal- bezahlter Sex ist ja sowieso schon Vergewaltigung.

Sonntag, 16. März 2014

Frauen kaufen 2

Ich hatte im Post "Frauen kaufen" kritisiert, wie Prostitutionsgegner mit solchen Ausdrücken übergriffige Kunden in ihrer kranken Sicht auf Sexkauf als Blankoscheck für Vergewaltigung und Respektlosigkeit bestätigen.  Ein Interviewbeitrag mit der ehemaligen Sexarbeiterin Anja, welche ähnlich argumentiert:

"Denn wel­che Frei­er ma­chen die Pro­ble­me?
Die, die ir­gend­wo tat­säch­lich davon über­zeugt sind, man könne „Frau­en kau­fen“. Daß die „ma­chen müß­ten, was der Kunde will“. Die den­ken, „die haben eh ein ver­pfusch­tes Leben, denen tu ich noch was Gutes, wenn sie über­haupt Geld krie­gen“. Oder „sind eh alle (schon) miß­braucht, was kann man da noch an­rich­ten“. Und genau so einen Blick­win­kel auf Sex­ar­beit haben ja auch die gan­zen Me­di­en und so ein­ge­nom­men und das find ich nicht gut. In jeder Zei­tung wer­den sol­che Be­grif­fe ver­wen­det! Und somit als Nor­ma­li­tät (und was „nor­mal“ ist, geht ja ir­gend­wie okay) im Be­wußt­sein, viel­leicht auch im Un­be­wußt­sein ab­ge­spei­chert.


Und rich­tig­stel­len? Das tut das nie­mand, im Ge­gen­teil, die Pro­sti­tu­ti­ons­geg­ner ver­brei­ten den Scheiß auch noch flei­ßig wei­ter – und diese Vor­stel­lun­gen wie­der aus den Köp­fen der Leute zu krie­gen, das dür­fen dann die Huren über­neh­men! Zu­min­dest die, die die Kraft und den Nerv dafür haben. Die an­de­ren dür­fen’s ein­fach nur aus­ba­den. Der ge­sell­schaft­li­che Ab­schaum kriegt die Schei­ße ab, ist ja immer so. Und Huren und Stri­cher wer­den ge­sell­schaft­lich als „ganz unten“ an­ge­se­hen, selbst wenn sie nen Dok­tor haben.
Es soll­te nicht nur Aus- und Ein­stiegs­hil­fen geben, son­dern auch „Wie ver­hal­te ich mich als Frei­er_in fair und an­ge­mes­sen“-​Kur­se bräuch­ten wir! Das meine ich in vol­lem Ernst (auch wenn das zur Zeit noch uto­pisch ist). Am bes­ten an jeder VHS und so.
Das wäre auch eine gute Zu­satz­ein­nah­me­quel­le für (Ex-)Huren, nur mal so…;)

So, was ich mir für alle Pro­sti­tu­ier­ten wün­sche
!!


Daß ihnen als Mensch und Per­son zu­min­dest nicht we­ni­ger Ach­tung ent­ge­gen­ge­bracht wird als jetzt zum Bei­spiel einer Putz­frau.
Daß ihr Job als an­stren­gen­de und wert­vol­le Ar­beit an­er­kannt wird. Und sie ihre Re­geln fest­le­gen und auch durch­set­zen kön­nen (hah und hier kön­nen ge­ra­de die Frei­er den LÖ­WE­N­an­teil dazu bei­tra­gen! Aber vor allem auch auch die Ge­sell­schaft, also je­de_r ein­zel­ne)!"

Dienstag, 18. Februar 2014

Die "Zuhälterlobby"

Hinter Sexarbeiterinnen, Sexworker- Organisationen und Hilfsstellen verbergen sich eigentlich Zuhälter (wenn sie sich für Dekriminalisation von Sexarbeit einsetzen). Dieser völlig haltlose Vorwurf ist unter aller Sau, da er eine sachliche Diskussion verunmöglicht. Nicht die Argumente, sondern die Person/Organisation welche sie äussert wird angegriffen. Egal, was man für Argumente vorbringt, es spielt keine Rolle, denn man ist sowieso nur eine Marionette für Zuhälter (bzw. selbst Zuhälterin). In ihrem Buch "Prostitution- ein Deutscher Skandal" behauptet Alice Schwarzer zum Beispiel, dass Hilfsorganisationen für Sexarbeiterinnen wie Dona Carmen und Madonna Wirklichkeit von Menschenhändlern finanziert seien, da sie anderer Meinung sind als sie selbst. Also: Alle Fachstellen und Hilfsorganisationen, welche sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Sexarbeiterinnen einsetzen (und das sind die meisten), sind eine von Zuhältern und Menschenhändlern geleitete "Pro-Prostitutionsfront". Für Organisationen, welche aus Sexarbeiter/innen selbst bestehen, gilt das natürlich erst Recht.

Selbstverständlich sollten Sexworker-Organisationen nur aus Sexarbeiter/innen bestehen. Hier wird aber oft übersehen, dass einige aktuelle und ehemalige Sexarbeiterinnen gleichzeitig auch Geschäfts- oder Agenturleiterinnen sind. Wenn man ignoriert, dass die Erotikbranche eben eine Branche ist und auch wie eine solche funktioniert, wird eine künstliche und unrealistisch strikte Trennung zwischen Sexarbeiter/innen und anderen Leistungserbringern (Vermieter, Bordellbetreiberinnen, Vermittler) bewirkt. Eine gewisse Überlappung ist in jeder anderen Branche völlig normal- Köchinnen werden zu Restaurantbesitzerinnen, Bauarbeiter knüpfen Kontakte und fangen an, Kollegen zu vermitteln. In der Erotikbranche kommt hinzu, dass es für ehemalige Sexarbeiterinnen aufgrund der Stigmatisierung sehr schwer sein kann, einen anderen Job in einem anderen Bereich finden. Da ist es umso naheliegender, dass man sich auf die Branche besinnt die man kennt, beim Wunsch nach einem Berufswechsel z.B. ein eigenes Erotikstudio eröffnet, und anstatt der erotischen Dienstleistung die administrativen Aufgaben übernimmt.

Dass Sexarbeiter und andere Leistungserbringer der Erotikbranche manchmal entgegengesetzte Interessen haben, ist klar. Vermieter wollen zum Beispiel möglichst hohe Mieten kassieren, während Sexarbeiter möglichst tiefe wollen. Sie haben aber einen ganz gewichtigen Punkt gemeinsam: Nämlich die Diskriminierung aller, welche in dieser Branche tätig sind. Die Stigmatisierung und Diskriminierung trifft die Sexarbeiterinnen selbst immer am härtesten, aber auch Bordellbetreiberinnen können durch Behördenwillkür ihre wirtschaftliche Existenz, in welche sie viel investiert haben, verlieren. Daher ist es kein Wunder, dass sich die Interessen von Sexarbeiterinnen und seriösen Betreibern oft auch überlappen. Wer hingegen NICHT von Dekriminalisierung profitiert, sind Menschenhändler und Ausbeuter. Wenn Sexarbeiterinnen nicht Angst vor der Polizei haben (müssen), verlieren Zuhälter. Wenn eine Sexarbeiterin nicht befürchten muss, dass ihr Arbeitsort gestürmt und geschlossen wird, wenn sie eine Vergewaltigung oder betriebliche Missstände anzeigt, wird sie sich viel eher wehren. Dasselbe gilt, wenn ihre Kunden (die Quelle ihres Einkommens!) verfolgt werden. Kein ausgebeuteter Arbeitnehmender will mit einer Anzeige  erreichen, dass er seine Arbeitsstelle und sein Einkommen endgültig verliert (und seine Kollegen mit ihm). Kriminelle profitieren NICHT davon, wenn Sexarbeiterinnen für ihre Rechte kämpfen. Denn mit dem Stopp der Diskriminierung fordern Sexarbeiter gleichzeitig echten Schutz gegen Ausbeutung, auch im Sinne des Arbeitsrechts. Bis heute gibt es kaum Bemühungen tatsächlich gegen Ausbeutung vorzugehen, z.B. gegen überrissene Zimmermieten oder Alkoholzwang. Stattdessen werden grundlegende Rechte von Sexarbeiterinnen unter dem Vorwand, es sei doch alles zu ihrem Besten, eingeschränkt. Wie zum Beispiel in Soho (London), wo Sexarbeiterinnen nach Verdacht auf Menschenhandel von dutzenden Polizisten  auf die Strasse getrieben wurden, während Journalisten sie in Unterwäsche fotografierten und filmten. Im Anschluss wurden sie- selbstverständlich zu ihrem eigenen Schutz- ohne Entschädigung ihres Wohn- und Arbeitsortes beraubt.
 

Samstag, 8. Februar 2014

Gender Equality

"It is not when sex workers will be prevented from offering sex for money through criminal law that gender equality will be attained. Gender equality will be attained once women stop seeing sex workers as a threat to their career and their gender and begin to respect sex workers as human beings.
Only when women will respect sex workers and listen to them, men will follow and we can move towards real gender equality ."

Sonja Dolinsek, Witness to the council of europe

Bravo!!!!

Dienstag, 10. Dezember 2013

Fachstellen und Sozialarbeiterinnen gegen Repression


Wer sind die Experten für Sexarbeit? Selbstverständlich die Sexarbeiter/innen selbst. Jedoch glaubt man ihnen oft nicht (Disqualifikation als Diskussionspartner), und aufgrund der Stigmatisierung getraut sich nur eine Minderheit, mit Name und Gesicht öffentlich für ihre Rechte einzustehen. Deshalb treten Fachstellen und Sozialarbeiter/innen für Sexarbeit, Migration & Menschenhandel als zweitbeste Informationsquelle hervor, um herauszufinden was Sexarbeiter/innen wirklich wollen und brauchen, und wie man Menschenhandel bekämpfen und den Opfern helfen kann. Die meisten Fachstellen fordern die Anerkennung von Sexarbeit als Arbeit, und das Ende von rechtlicher und gesellschaftlicher Diskriminierung und Stigmatisierung gegen Sexarbeiter/innen. Dazu muss man aber beachten, dass Beratungsstellen mit einem grossen Teil der Sexarbeiter/innen NICHT in Kontakt kommen- nämlich denjenigen, die selbstbestimmt und ohne Probleme tätig sind, und folglich keine Hilfe benötigen. Seriöse Sozialarbeiter/innen sind sich dessen bewusst, und schliessen nicht von ihrem Arbeitsalltag auf die gesamte Bandbreite der Sexarbeit. Linkliste für Beratungsstellen: 


Deutschland


Bundesweiter Koordinationskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess  Von der Homepage: Der KOK e.V. legt besonderen Wert darauf, dass sorgsam zwischen Prostitution und Frauenhandel unterschieden wird. Frauen, die sich freiwillig prostituieren, treten wir mit Respekt und Achtung entgegen, wir stigmatisieren sie nicht und wollen, dass die freiwillige Prostitution als persönliche Entscheidung einer jeden Prostituierten anerkannt wird. Prostituierten per sé das Recht abzusprechen, freiwillig zu arbeiten, missachtet ihre Selbstbestimmung und eigene Verantwortung.

BufasBündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, Aus der Satzung: Bufas setzt sich ein für
- die dauerhafte Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern
- die rechtliche und soziale Gleichstellung von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern mit anderen Erwerbstätigen
- die Gleichstellung der Sexarbeit mit anderen Erwerbstätigkeiten
- die Entkriminalisierung der Sexarbeit und Entstigmatisierung der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter

Ban Ying, Koordinations- und Beratungsstelle gegen Menschenhandel, hat den Appell für Prostitution: für die Stärkung der Rechte und für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen in der Sexarbeit  des Berufsverbandes für erotische und sexuelle Dienstleistungen unterschrieben.

Deutsche Aidshilfe "Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) lehnt den von der „Emma“-Herausgeberin initiierten „Appell gegen Prostitution“ und Rufe nach Bestrafung der Kunden und Kundinnen ab."

Interview mit Emiljia Mitrovic, Sozialwissenschaftlerin und Leiterin des Ratschlag Prostitution - Zusammenschluss von Hilfseinrichtungen für Prostituierte: "Die rechtliche Ebene ist nicht das Problem, sondern die gesellschaftliche Akzeptanz. Es muss mehr Forschung und mehr Öffentlichkeitsarbeit geben. Wenn Frauen selbstbewusster auftreten und sich weniger stigmatisiert fühlen, können sie sich auch besser gegen Ausbeutungsverhältnisse wehren. Die Tendenz, alle SexarbeiterInnen zu Opfern zu erklären, ist hingegen absolut kontraproduktiv"

Dortmunder Mitternachtsmission e.V.,  hat den Appell für Prostitution unterschrieben. Die Mitternachtsmission sieht Prostitution zwar als schädlich an, erkennt aber, dass ein Grossteil dieser Schädlichkeit durch die Stigmatisierung von Sexarbeiter/innen und Sexarbeit entsteht.

Ragazza, Hilfe für drogenabhängige und sich prostituierende Frauen, fordert: Aufklärung und Prävention statt Repression, Keine Verdrängung der Prostitution in andere Stadtteile, Akzeptanz und Toleranz statt Verdrängungspolitik, Freie Berufswahl.

Madonna  e.V., Treffpunkt und Beratung für Sexarbeiterinnen: Sexarbeit ist eine höchstpersönliche Dienstleistung, über deren Inhalt und Ausmaß nur die Prostituierten selbst entscheiden. Sexarbeit kann selbständig und in einem Arbeitsverhältnis ausgeübt werden. Voraussetzung sind einvernehmliche Verträge zwischen den Beteiligten und die Einhaltung gesetzlicher Mindestvorgaben.

Regenschirm e.V.: Unseren Zielen übergeordnet ist der Gedanke, dass die Prostitution mit anderen Berufen der Arbeitswelt gleichgestellt sein sollte.
 
Phoenix, Kassandra e.V., Nachtfalke und KOBER, Beratungsstellen für Prostituierte, : Haben den Appell für Prostitution unterschrieben. Dasselbe gilt für zahlreiche Sozialarbeiterinnen der Beratungsstelle für Migrantinnen in Herne, welche auf Menschenhandel spezialisiert ist.

Nitribritt, Treffpunkt und Beratung für Prostituierte: Der Verein setzt sich in der Tradition der Hurenbewegung für die Interessen der SexarbeiterInnen ein. Nitribitt e.V. unterstützt, fördert und veranstaltet Aktivitäten gegen die Diskriminierung von Prostituierten.

Relativ bekannt sind  Dona Carmen , Verein für soziale und politische Rechte von Prostituierten und Hydra, Treffpunkt und Beratung für Prostituierte.

Schweiz


Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ), Rundbriefe Sexarbeit ist Arbeit und Sexarbeit: Anerkennung statt Repression:Die Repressionen verschlechtern nicht nur die Situation von Sexarbeiterinnen. Sie haben auch negative Folgen für den Kampf gegen Menschenhandel. Mit den repressiven Regelungen fokussiert nämlich der polizeiliche Blick nicht mehr auf eine potenzielle Opfersituation, sondern auf illegalen Aufenthalt oder illegale Arbeitstätigkeit. Bevor Opfer erkannt werden und ihre Rechte in Anspruch nehmen können, werden sie somit kriminalisiert und ausgeschafft."

ProKoRe, schweizerisches Netzwerk zur Verteidigung der Rechte von Personen, welche im Sexgewerbe arbeiten: "Das Sexgewerbe eine Realität ist, welche nicht abgeschafft werden kann, weder durch Gesetze noch Reglemente. Verschärfte Gesetze würden die Illegalität und Randständigkeit verstärken. Durch verschärfte Gesetze würden die Zonen des Rechtlosen, der Ausbeutung und der Gewalt in verschiedenster Art begünstigt. Die Situation der SexarbeiterInnen würde unsicherer und die Bemühungen um die Förderung der Gesundheit und der Solidarität schwieriger."

Hier eine Talkshow mit Brigitte Obrist (ehemaligen Sexarbeiterin und Projektleiterin bei der Schweizer Aidshilfe und der Sexarbeits- Beratungsstelle XENIA), Lea Bösiger (Sozialarbeiterin bei Isla Victoria, Beratungsstelle für Sexarbeits- Migrantinnen der Zürcher Stadtmission)


Ausschnitte aus der Diskussion (sinngemässe Zitate):

Brigitte Obrist ab 22:50 "Ihr beobachtet von Aussen etwas, das ihr nie selbst gemacht habt, und projiziert etwas hinein. Das Vorspielen der eigenen Lust hat mir Spass gemacht, als wäre ich eine Schauspielerin auf der Bühne. Der wichtigste Schutz für Sexarbeiterinnen ist ein Umfeld, in denen andere Frauen ihnen beibringen können, wie sie sich wehren sollen, wo man aufeinander achtet. Das war früher als Förderung der Prostitution verboten (...) Durch die Prostitution habe ich sehr genau gelernt was ich beim Sex will, wo meine Grenzen sind."

Lea Bösiger ab 31:10 "Wir sind eine Beratungsstelle, die sich vor allem an Migranten richtet. Die meisten Frauen haben natürlich monetäre Gründe. Es kursieren wahnsinnige Zahlen, dass 90% diesen Beruf nicht gerne machen. Wir machen diese Erfahrung nicht. In unserem Büro kommen täglich etwa 120 Frauen vorbei. Es gibt Zeiten in denen die Frauen den Job nicht gerne machen, zum Beispiel während der Wechseljahre oder wenn sie den Job schon 30 Jahre gemacht haben. Aber mal ehrlich, ich kenne fast keinen Beruf, den die meisten nach 40 Jahren immer noch mit Begeisterung ausüben. Im Allgemeinen machen die Frauen den Beruf gerne. Wir haben auf 1000 Frauen etwa 10 Frauen, die den Job nicht freiwillig machen. Wir sind eine Anlaufstelle für Sexarbeiterinnen, d.h. diejenigen kommen zu uns die Probleme haben. Wenn jemand keine Probleme hat, kommt sie natürlich nicht zu uns."

Alexander Ott (Polizist) 34:40 "Ich sehe die ganze Palette der Sexarbeiterinnen, die sich anmelden. Dieses Jahr habe ich etwa 800 Anmeldungsgespräche geführt. Es gibt viele Frauen, die freiwillig kommen und Geld verdienen wollen, die sagen das will ich machen. Manchmal sind es sogar Akademikerinnen die sich sagen, ich komme ein paar Monate in die Schweiz und verdiene Geld. Das ist eine Realität, das kann man nicht wegdiskutieren."

Noch eine zweite Talkshow mit Martha Wigger, Stellenleiterin von XENIA, Anlaufs- und Beratungsstelle für Sexarbeiterinnen. "Ein Verbot der Prostitution ist für Sexarbeiterinnen und Gesellschaft kontraproduktiv. Wir haben tausende von Klientinnen, und die meisten von ihnen sind wirklich wütend. Sie fragen: Weshalb will man schon wieder auf uns los? Oberflächlich kann gesagt werden, dass die Prostituierten nicht bestraft werden. Aber sie verlieren ihren Job, verlieren ihr Einkommen wenn Freier bestraft werden (...) Wir haben keine genauen Zahlen. Aber in der Schweiz gibt es doch viele Beratungsstellen, die tagtäglich mit Sexarbeiterinnen zu tun haben. Unsere Erfahrung ist: Je mehr Hürden man den Sexarbeiterinnen aufstellt (Business-Plan, Registrierung etc), umso schwerer wird es, sie zu erreichen, da viele illegal arbeiten werden. Ganz wichtig ist auch zu erwähnen, dass unserer Erfahrung nach Kunden sich immer wieder an Beratungsstellen wenden, wenn sie einen Verdacht auf Menschenhandel haben."

Selbst die Heilsarmee, welche Sexarbeit als "Vermarktung und Ausbeutung der Frau" ansieht, spricht sich gegen Repression aus. Zur Situation in Zürich: "Viele der Dirnen seien verzweifelt, sagt Christine Hauri von der Rahab-Arbeit der Heilsarmee. „Die Frauen wissen im Moment nicht, wo sie hinsollen“, sagt sie. Und hat eine Lösung parat. „Warum wird nicht ein Strassenstrich im Kreis 4 zugelassen? Lange nicht alle Vertriebenen haben eine neue Bleibe gefunden.“ Regula Rother, Leiterin der Zürcher Stadtmission, sieht die Sache ähnlich: „Gut finden wir die Entwicklung nicht.“ Auch sie hält einen Strassenstrich im Kreis 4 für eine gute Idee. Das Problem aus Sicht von Hauri und Rother: Wenn die Frauen nicht mehr zentral organisiert sind, wird es für sie schwieriger, aufeinander aufzupassen. Sie seien anfälliger für Gewalt und Ausbeutung. Hauri.“

Maritza Le Breton und Eva Büschi, Professorinnen an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW in Olten in der Tageswoche vom 20.2.2012: Bessere Arbeitsbedingungen, so das Fazit der beiden Professorinnen nach ihrer Studie, liessen sich nur durch rechtliche und gesellschaftliche Anerkennung der Prostitution erreichen. «Aus einer nüchternen und sachlichen Perspektive heraus ist es schliesslich eine Arbeit wie jede andere», sagt Le Breton, «eine Dienstleistung mit dem Produkt Sex als Angebot».

Aspasie, Gemeinnütziger Verein von und für Prostituierte in Genf: "Parler de travail du sexe permet de repenser cette activité sous l’angle du contrat, d’amélioration des conditions de travail, et de la capacité des travailleuses du sexe à négocier les différents aspects de leurs services (actes, tarifs et durée). Parler de travail du sexe autorise à poser des actions en regard des droits des travailleuses: le droit de travailler en santé et en sécurité, le droit de ne pas être violentée, harcelée ou discriminée, le droit de s’associer avec d’autres pour se protéger, le droit à la dignité et à l’intégrité de sa personne."

Österreich


Sophie, Bildungsraum für Prostituierte: "Ausgehend davon, dass der Sexmarkt kaum eingeschränkt und schon gar nicht vermieden werden kann, ist es daher der beste Weg, genügend legale Arbeitsmöglichkeiten zuzulassen und diese so zu regulieren, dass neben anderen berechtigten Interessen (z. B. der AnrainerIn-nen) insbesondere auch Arbeitsbedingungen von SexdienstleisterInnen im Fokus stehen."

Interventionsstelle für Betroffene von Menschenhandel (LEFÖ/IBF): "Wir sprechen von Sexarbeit, um einen akzeptierenden und unterstützenden Zugang gegenüber sexuellen DienstleisterInnen (mehrheitlich Frauen, aber auch TransGender-Personen und Männer) begrifflich zu transportieren.
Wir sprechen auch von Sexarbeit, um den Fokus auf die Arbeit zu richten, die erbracht wird und auf entsprechende Forderungen nach umfassenden Arbeits- und Sozialrechten für SexarbeiterInnen. Wir sprechen zudem von Sexarbeit, um die Heterogenität der Arbeitsstätten und Arbeitsweisen in der Sex-Industrie zu verdeutlichen."

Caritas/LENA:  „Wichtig ist uns auch die öffentliche, sachliche Information und Diskussion zum Thema, anstelle weiterer Diskriminierung, Stigmatisierung, Kriminalisierung, Skandalisierung und Ausgrenzung von Sexualdienstleistern“

Maiz, autonomes Zentrum von & für Migrantinnen:  "Ein zentraler Arbeitsbereich von maiz ist die Zusammenarbeit mit Migrant_innen, die in der Sexarbeit tätig sind. maiz setzt sich für die Anerkennung von Sexarbeit als Erwerbsarbeit ein und kämpft somit gegen die Stigmatisierung, Diskriminierung und Kriminalisierung von Personen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten."

Frauenservice SXA:  Mitglied der internationalen Netzwerke NSWP und ICRSE (International Committee on the Rights of Sex Workers in Europe), welche sich gegen rechtliche/gesellschaftliche Diskriminierung von Sexarbeiterinnen einsetzen.

iBUS, Beratung und Unterstützung für Sexarbeiterinnen, lehnen die Kriminalisierung von Kunden und andere Forderungen von Prostitutionsgegnern vehement ab, da dies nichts anderes bedeutet, als Sexarbeiter_innen ihre Existenzgrundlage zu entziehen. Hier ein gutes Interview von Christine Nagl,  Mitarbeiterin bei PiA und iBUS.

International


Tampep, European Network for HIV/STI Prevention and Health Promotion among Migrant Sex Workers:"The undeniable presence of migrant female sex workers, including transgender sexworkers, in Western Europe requires a transformation in the thinking around women’s migration. Migrant sex workers should be considered as part of the labour migration of women rather than thinking of all migrant sex workers as victims of trafficking and sexual slavery."

UNAIDS "Evidence indicates that where sex workers are able to negotiate safer sex, HIV risk and vulnerability can be sharply reduced. The guidelines call for voluntary periodic screening and treatment of STIs for sex workers to both improve their health and control the spread of HIV and STIs"

Indoors Project der Europäischen Union, Aus pictures of a reality: Sex work is work and a profession; sex workers are workers and must be recognised as such.
We demand the protection of our labour, social and human rights on an equal footing with other workers, especially social rights such as access to social security, health care and minimum wages. Sex work is by definition consensual sex. Non-consensual sex is not sex work; it is sexual violence or slavery.

Global Network of Sex Work Projects hat auf allen Kontinenten zahlreiche Mitglieder. Zu den Mitgliedern gehören viele Grassroots-Beratungsstellen, welche von Sexarbeiter/innen selbst gegründet worden sind, z.B Desiree Alliance aus Australien,  Aus der Homepage: "The standard paradigms through which sex work is currently viewed – AIDS, trafficking, and violence against women – fail to fully address the human rights of sex workers. It is therefore crucial that sex workers represent their own realities and fully participate in dialogues and decision making about issues that affect them."

Global alliance against traffick in women (GAATW): "GAATW applies a Human Rights Based Approach to address trafficking issues, which means: (...) Non-discrimination on any grounds, including – singly or in combination - race, ethnicity, descent, sexual orientation or gender identity, religion, gender, age, migrant status, national or social origin,  birth or other status, or occupation (including work in the informal sectors such as domestic work, sex work, etc.)" Hier findet man ausserdem zahlreiche Ressourcen zur Forschung über Menschenhandel und Best Practices für Massnahmen gegen Menschenhandel.

La Strada International- European network against trafficking in human beings:  "We believe that violence against sex workers needs to be addressed by protecting their rights and investigating and prosecuting all violent offences against anyone working in the sex sector. However, this approach to end violence against sex workers is hard to put into practise if sex work itself is considered as violence against women (!!!) Equating sex work with violence against women leads to criminalising the industry, clients and sometimes even sex workers themselves. As a consequence, sex workers are not recognised as rights holders and are deprived of the tools to protect themselves from violence and seek redress."

World Health Organization WHO:  Contextual factors such as stigma and poverty may further exacerbate sex workers' vulnerability to HIV. Sex workers should be proactively involved in programme design and delivery.


Weitere Links folgen- ich nehme auch gerne Vorschläge entgegen.